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Die Zweifel eines Heiligen

In seiner Novelle „Der Mann, der Verlorenes wiederfindet“ erzählt der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Michael Köhlmeier virtuos vom Leben, Zweifeln & Sterben des Heiligen Antonius von Padua

Ein Heiliger liegt auf der Piazza einer norditalienischen Stadt und stirbt. Genaugenommen erfolgt die Heiligsprechung natürlich erst weit nach dem Tod, aber dass Antonius eines Tages heiliggesprochen werden muss, steht für seine Anhänger außer Frage. Dieser Priester weiß auf so göttliche Weise zu reden wie kein Zweiter – selbst die Fische im Meer lauschen andächtig seinen Predigten, wenn er zu ihnen spricht. Gerade erst hat er mit letzter Kraft eine Rede vor 3000 Menschen gehalten, von denen nun die meisten ausharren, um mitzuerleben, wie Gott seine treues Schäfchen zu sich in den Himmel holt. Worüber Antonius gesprochen hat, darüber scheiden sich die Geister seiner Zuhörer. Stand das Nichts im Mittelpunkt seiner Predigt oder war es der Hass oder doch die Liebe? Jeder scheint das gehört zu haben, was er hören wollte.

Was, wenn das Leben alles war, was er [Gott] uns zu bieten hatte? Hätten wir das von Anfang an gewusst, wir wären anders damit umgegangen.“

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Kraftloser Held

Jonas Lüscher lässt einen Rhetorikprofessor am Neoliberalismus zweifeln

Richard Kraft grübelt. Tag für Tag versucht er eine Antwort zu finden auf die Frage, warum alles, was ist, gut ist und wir es dennoch verbessern können. Seine Antwort muss der Rhetorikprofessor in einen 18-minütigen Vortrag kleiden, mit dem es einen Internet-Mogul aus dem Silicon Valley zu überzeugen gilt, der für die genialste Antwort eine Million Dollar ausgelobt hat. Mit dem Geld, so hofft Kraft, könnte er sich befreien aus jenem Gefängnis namens Ehe. Das Problem ist nur, dass er keineswegs daran glaubt, dass alles, was ist, gut ist.

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