Schlagwort-Archive: Die Nostalgie des Künstlers

Die Nostalgie des Künstlers

lappert1

Rolf Lappert schickt seinen Helden zurück nach Wilhelmsburg

Abgerockt ist das Haus in Hamburg-Wilhelmsburg, in dem Lennard Salm einen Großteil seiner Jugend verlebt hat, und abgerockt ist der Endvierziger auch selbst. Als junger wilder Installations- und Performancekünstler war er früh zu einem gewissen Ruhm gelangt, danach durch die Welt getourt, alle paar Jahre ein neues Projekt oder eine neue Beziehung beginnend und in nichts von alledem dauerhaft Befriedigung findend. Nun ist er – nach dem Tod seiner älteren Schwester – zurück im Haus seiner Jugend, in dem sein gebrechlicher Vater mit seiner polnischen Pflegerin lebt. Vom Kunstbetrieb hat Salm die Schnauze voll, auch von allen anderen Ansprüchen, die seine Familie oder Freunde an ihn stellen. Er zieht wieder in sein Jugendzimmer ein, gibt die Kunst auf und kümmert sich lieber um ein herrenloses Pferd – ohne zu wissen oder sich darum zu kümmern, was die Zukunft bringen wird, schließlich beschäftigt ihn in erster Linie die Vergangenheit. Er blickt zurück auf die problematische Familiengeschichte, zürnt der „Norwegischen Königin“, wie er seine kühle Mutter im Gedanken nennt, belächelt seinen spießigen Halbbruder und trifft sich regelmäßig mit seiner jüngeren Schwester Bille, einer flippigen Springinsfeld, die zu Platten von Joni Mitchell, Janis Joplin oder Simon & Garfunkel gerne einen Joint durchzieht. Ansonsten streunt Salm unschlüssig durch das alte Haus oder die beißend kalten Hamburger Winternächte.

Weiterlesen

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Bücher 2015