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Gramsci auf den Fersen

Bossong

Anfang Juli rückte die 1982 in Bremen geborene und in Berlin lebende Nora Bossong ohne ihr Zutun beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in den Fokus der literarischen Öffentlichkeit. Die Autorin selbst war zwar gar nicht beim Wettlesen in Klagenfurt dabei, doch die Schriftstellerkollegin Nora Gomringer hatte sie zur Protagonistin ihres (später mit dem Bachmannpreis prämierten) Textes gemacht. So schnell kann es gehen, dass man als real existierendes Individuum zur literarischen Figur wird. In der Umwandlung realer Personen zu literarischen steht Nora Bossong ihrer Namensvetterin allerdings in nichts nach – in ihrem aktuellen Roman spielt ebenfalls eine aus der Realität entliehene Person die zentrale Rolle.

„36,9°“ ist der inzwischen vierte Roman der Absolventin des Leipziger Literaturinstituts, die 2001 mit dem Bremer Autorenstipendium, 2007 mit dem Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis, 2011 mit dem Kunstpreis Berlin und 2012 für ihren zweiten Gedichtband „Sommer vor den Mauern“ mit dem renommierten Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet worden ist. Bossong ist also nicht bloß Gegenstand der Literatur (im Text ihrer Kollegin), sondern mischt selber munter mit im Kulturbetrieb – im Gegensatz zu der historischen Hauptfigur ihres Romans, die das Mit- und Einmischen bedauerlicherweise schon hinter sich hat. Die Rede ist vom bereits vor knapp 80 Jahren verstorben Philosophen, Autor und Politiker Antonio Gramsci (1891-1937), dessen Gefängnishefte nach wie vor als bedeutende Dokumente marxistischer Theorie gelten.

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Eingeordnet unter Bücher 2015