Thomas Brussig streicht die Wiedervereinigung
Die Idee ist nicht neu, schon Simon Urban hat vor knapp vier Jahren in seinem satirischen Politthriller „Plan D“ ein Szenario entworfen, in dem die DDR weiterexistiert. Nun legt der 1964 in Ost-Berlin geborene Thomas Brussig mit einer fingierten Autobiografie nach und erzählt von seinem Leben als berühmter Schriftsteller in der Deutschen Demokratischen Republik, die nicht nur keine Wiedervereinigung erlebt hat, sondern mithilfe ihrer Vormachtstellung in der Entwicklung von Elektroautos sowie Windenergie „den Lebensstandard der Kuwaitis und den Staatshaushalt der Norweger“ anstrebt. Im Jahr 2014 gibt es in DDR zwar immer noch keine freien Wahlen, jedoch eine „Elektrokratie“, die ihre Bevölkerung mit Geld besticht.
Diese Story entfaltet sich indes erst im letzten Viertel und klingt mehr nach Science-Fiction, als der Roman hergibt. In erster Linie ist „Das gibts in keinem Russenfilm“ (so der etwas blöde Titel) ein Buch über das Schreiben und die Kraft der Literatur. Brussig berichtet von seinem (angeblichen) Dissidententum sowie seinen ersten literarischen Erfolgen mit Büchern wie seinem Debüt „Wasserfarben“ oder seinem Welterfolg „Helden wie wir“. Dabei spielt er munter mit der Realität, und dieses Spiel zieht sich durch den kompletten Roman, regelmäßig tauchen real existierende Personen auf, deren Lebensläufe sich allerdings anders entwickelt haben: Gregor Gysi steigt zum ersten Mann im Staate auf, Ingo Schulze erhält den Literaturnobelpreis und Merkel mimt als Apfelkuchen-Angela gar die Trauzeugin des Erzählers.
Insgesamt ist das Buch zu lang geraten, scheint der Autor zu verliebt in manche seiner Ideen, doch alles in allem ist Brussig ein amüsanter und zugleich stellenweise nachdenklicher Roman gelungen, der am meisten dort überzeugt, wo er nicht versucht, besonders abgedreht und witzig zu sein.
Thomas Brussig: Das gibts in keinem Russenfilm. S. Fischer, Frankfurt am Main. 384 Seiten, 19,99 €.