Frankfurter Figurenkabinett

mosebach

Der eigenwillige Sprachvirtuose Martin Mosebach hat mit „Das Blutbuchenfest“ ein elegant schwungvollen Roman vorgelegt

Literaturtrophäen hat er bereits einige eingeheimst, auch die ganz großen wie den Kleist- oder den Georg-Büchner-Preis. Die nächste Auszeichnung könnte rasch folgen, denn Martin Mosebachs „Das Blutbuchenfest“ ist nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse – und zwar vollkommen zurecht. Ein wunderbares Figurenkabinett hat der 62-Jährige in seinem neuen Roman zusammengestellt, dessen Schauplatz Frankfurt am Main ist. Dort tummeln sich gebieterische Geschäftsdamen, stolze Immobilienhaie, umtriebige Projektplaner und legere Lebenskünstler neben Frauen, in deren Glanz die stolzesten Hähne zu Gummibärchen schrumpfen.

Meist trifft sich die illustre Gesellschaft in Merzingers Lokal, das insbesondere den Herren als Bühne dient, auf der sie sich gern mit allerlei Palaver aufplustern. Mitten unter ihnen ist der Erzähler, ein verbummelter Kunsthistoriker, der eine Ausstellung über einen jugoslawischen Künstler auf die Beine stellen soll. Das Dumme ist nur: Jugoslawien ist gerade dabei, sich aufzulösen. Der Balkankrieg wirft seine ersten Schatten voraus. Dieser sich anbahnende Konflikt ist nicht allein für den Erzähler von Bedeutung, sondern vor allem für Ivana. Die bosnische Putzfrau fungiert als Bindeglied zwischen den Figuren des Romans – denn in deren Wohnstätten sorgt die resolute Frau für Ordnung. Und für Ordnung sorgen soll sie ebenso auf dem Gartenfest, das unter dem Geäst einer imposanten Blutbuche stattfinden wird.

Mit elegantem Schwung entwirft Mosebach eine Szenerie voll eigenwilliger Charaktere. Allzu köstlich ist es, wie diese Figuren miteinander agieren, disputieren, flirten und rivalisieren. Mosebach zeigt sich dabei nicht nur erneut als virtuoser Stilist, sondern darüber hinaus als Meister der Balance zwischen Tragik und Komik. Alles in allem ein arg preisverdächtiges Werk.*

Martin Mosebach: Das Blutbuchenfest. Hanser, München. 448 Seiten, 24,90 €. (Februar 2014)

* erhalten hat Mosebach den Preis 2014 dennoch nicht, sondern Saša Stanišić für seinen zweiten & ebenfalls durchaus kunstvollen Roman „Vor dem Fest“

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