Rückblick – Leipzig, Buchmesse 3-19
Keiner liest wie Saša Stanišić. Wenn er liest, dann ist das eine Anti-Wasserglas-Lesung, dann ist das eine One-Man-Show, die gar Rotweinflecken auf babyblauen Lieblingshemden vergessen lässt.
Aber von vorne. Leipzig. Buchmesse. Kunterbunter Trubel in den Hallen. So viele Leute, so viele Lesungen, Gespräche, Debatten und Bücher, Bücher, Bücher. Und in diesem Jahr gibt es sogar prächtigen Sonnenschein gratis und kein Schneechaos wie im vergangenen Jahr. Nach all dem Input steige ich am frühen Abend leicht ermattet in den leeren Bus, der vor meiner Nase hält und sich innerhalb von Sekunden mit Menschen füllt. Ohne Zwischenhalt geht´s vom Messegelände direkt zum Hauptbahnhof – und nicht wie sonst mit der zum Bersten gefüllten Straßenbahn, die brav an jeder Haltestelle stoppt, obwohl niemand mehr hineinpasst. Zwischendurch einen kleinen Snack in der City und dann weiter zu den nächsten Lesungen, denn Leipzig liest, liest überall, liest im Schauspielhaus, im Rathaus, im Berufsförderungswerk, im Landgericht, in der Handelsbörse, in der Nietzsche-Wagner-Villa, in der amerikanischen Botschaft, in Buchhandlungen, Bibliotheken, Cafés, Museen, Kirchen, Kneipen, Kulturzentren, Kellern, Galerien, Clubs … und liest natürlich auch im Deutschen Literaturinstitut, also dort, wo man Kreatives Schreiben studieren kann – so wie es einige berühmte Schriftsteller*innen gemacht haben: Clemens Meyer, Olga Grjasnowa, Nora Bossong, Juli Zeh oder eben Saša Stanišić. Auch die frisch ausgezeichnete Gewinnerin des Preises der Leipziger Buchmesse hat dort studiert: Anke Stelling. Oder Schelling? So hat sie zumindest die Moderatorin des ZDF auf dem Blauen Sofa konsequent im ersten Gespräch nach der Preisverleihung genannt. Kann passieren, war schließlich auch eine Überraschung. Favoritin war Stelling sicherlich nicht. Dem Team vom eher kleinen, aber äußerst feinen Verbrecher Verlag sei´s gegönnt.