In seinem Roman „Nichts von euch auf Erden“ überrascht Reinhard Jirgl zwar mit einem düsteren Science-Fiction-Szenario, zeigt sich jedoch einmal mehr als experimentierfreudiger Sprachkünstler.
Das Universum ist ein Sehnsuchtsraum, der die Fantasie des Menschen beflügelt und ihn von abenteuerlichen Expeditionen in ferne Galaxien träumen lässt. In der Realität ist die Menschheit indes weit davon entfernt, mit bemannten Raumschiffen die Weiten des Weltalls zu bereisen oder auf anderen Planeten Kolonien zu gründen. In 500 Jahren allerdings dürfte die Raumfahrt etwas weiter sein. Pioniere der Weltraumforschung könnten vom Mars Besitz ergriffen haben und daran arbeiten, den Roten Planeten mithilfe der Wissenschaft in eine neue Erde zu verwandeln.
Dieses Szenario zeichnet zumindest Reinhard Jirgl in „Nichts von euch auf Erden“. Der 1953 in Ost-Berlin geborene Schriftsteller ist bisher nicht im Science-Fiction-Genre in Erscheinung getreten, und sein neuer Roman lässt sich dieser Gattung auch nur bedingt zuordnen – er steht vielmehr in der Tradition des Alten Testaments, der klassischen Sagen der Antike oder anderer mythischer Epen. Und wie jedes große Epos sich durch seine Sprache auszeichnet, hat auch Jirgl für sein Werk eine besondere Sprachform entwickelt, die sich sowohl in der Redeweise der handelnden Personen als auch in der Orthografie, Zeichensetzung und Grammatik von unserem herkömmlichen Deutsch unterscheidet. Dieser expressive Schreibstil kennzeichnet bereits andere Bücher Jirgls und wurde in den letzten Jahren vom Feuilleton gefeiert sowie mit zahlreichen Auszeichnungen honoriert (unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis 2010 und dem Bremer Literaturpreis 2006).