Schön schräg – Teresa Präauers Roman über einen Problem-Teenager
„Motter, wo ist mein Mobiltelefon?!“, schreit Schimmi aus dem 13. Stock in die Nacht hinaus, wenn seine Mutter ihn mal wieder allein gelassen und vorher das Handy einkassiert hat, damit Schimmi nicht die Telefonkosten in die Höhe treibt. Schimmi heißt eigentlich Jim und ist der jugendliche Held in Teresa Präauers dritten Roman „Oh Schimmi“. Wobei Schimmi vor allem eins ist: ein Maulheld. Der ziemlich überdrehte Teenager hat eine extrem große Klappe, mit der er ordentlich Sprüche klopft, so wie es sich für einen Gangster-Rapper gehört – denn dafür hält er sich in seiner maßlosen Selbstüberschätzung.
Der Rhythmus und Slang dieses Möchtegern-Mackers, der uns seine Story erzählt, bestimmt den Ton des schmalen Romans. Die vielfach begabte Künstlerin Präauer versucht jedoch glücklicherweise nicht, einen Jugendjargon zu kopieren, sondern hat eine ganz eigenwillige Kunstsprache entwickelt. In einer durchrhythmisierten Melange aus Umgangsrede, Fantasiewörtern und Anglizismen präsentiert Schimmi dem Leser seine Familiengeschichte. Wirkt das alles zuerst vor allem schön schräg, schimmert nach und nach das schwierige Schicksal dieses frühreifen Großmauls immer intensiver durch: Keine Freunde, Vater weg, Mutter offenbar eine Art Edelprostituierte – so hockt Schimmi einsam und vernachlässigt vor der Glotze, schaut Tierfilme oder ruft Zindi von der Sex-Hotline an. Ansonsten klaut er, säuft, sucht Ärger und bemüht sich um Ninni, für die sein Herz sogleich entflammt, als er sie im Nagelstudio erblickt. Schimmis Windmühlenkampf um diese deutlich reifere Tussi ist der rote Handlungsfaden in diesem sprachverliebten Kleinod, das bei aller Virtuosität zudem Unmengen an tragischer Komik aufbietet.
Teresa Präauer: Oh Schimmi. Wallstein, Göttingen. 204 Seiten, 19.90 €.