Kladderadatsch

Das Musikmachen dient dem Menschen als Ausdrucksmittel für seine tiefsten Gefühle: Freude, Liebe, Lust, Melancholie, Kummer, Trauer, Gram, Groll oder Zorn verwandeln sich in Töne, Akkorde, Melodien, Rhythmen, Verse, Refrains, Lieder. Musik kehrt das Innerste des Menschen nach außen.
Das gilt auch für Nazis! Statt mit ihren Kameraden für jedermann sichtbar durch die Straßen zu marschieren, um im Gleichtakt bizarre Parolen zu blöken oder mit Schlagringen auf vorbeihuschende Passanten einzudreschen, versuchen ungeliebte Burschen ohne Frisuren, ihren Hass auf alles, was anders ist als sie, in – na ja – „Musik“ umzuwandeln. Sie malträtieren unschuldige Gitarren, Trommeln und Mikrofone, drehen die Verstärker bis zum Äußersten auf und grölen ihre sonderbar anmutenden Wortketten in eine Welt hinaus, die nicht nett zu ihnen war und nun eines Besseren belehrt werden soll.
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In „Soutines letzte Fahrt“ verwebt Ralph Dutli in expressiver Sprache Historie und Fiktion zu einem furiosen Romandebüt über den weißrussisch-jüdischen Maler Chaïm Soutine.
Frankreich im August 1943. Weite Teile des Landes sind von den Nazis besetzt, der Rest wird vom Vichy-Regime verwaltet, das mit dem Deutschen Reich kollaboriert. Wegen der Okkupanten musste der jüdische Maler Chaïm Soutine bereits im Sommer 1941 aus seinem geliebten Paris in ein Dorf im Tal der Loire fliehen. Doch am 6. August 1943 kehrt er zurück in jene Metropole, in der er als Künstler groß geworden ist und über dessen Boulevards unnachgiebig die Nazis marschieren. Die Umstände der Rückkehr sind indes nicht alltäglich: Soutine steuert Paris im Rückraum eines Leichenwagens an – allerdings nicht als Leichnam, sondern als Lebender, der jedoch von einem auswuchernden Magengeschwür von innen zerfressen wird. Eine Operation in einer Pariser Klinik soll Rettung bringen. Um nicht von den Nazis entdeckt zu werden, reist Soutine auf verschlungenen Pfaden in einem Sarg nach Paris. Es wird jedoch Soutines letzte Fahrt sein, denn drei Tage später, am 9. August 1943, verstirbt der Maler im Krankenhaus. Zu lange war die Operation aufgeschoben worden und viel zu lange hatte die Reise nach Paris gedauert. 24 Stunden hatte der 49-jährige Maler mit Morphin betäubt im Sarg ausharren müssen.
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Es ist erschreckend aber wahr
Die Dürftigkeit in die wir Jahr für Jahr
In allen Lebenslagen lebenslänglich sozusagen
Eingeschlossen sind
Wird mehr und mehr und mehr und mehr
Wird mehr und mehr und mehr und mehr
Uns unerträglicher
Selbst wenn wir beisammensitzen
In unserem Lieblingsbrauereilokal
Dann sollten wir wissen
Dass mit jedem Bissen
Den wir wie von Sinnen
Nahezu herunterschlingen
Ehe wir uns versehen
Unser Stolz und unsere Würde verloren gehen
Und die Alltäglichkeit
Die man uns jederzeit
Aus vollen Fässern zapft
Macht uns nicht mehr betrunken sondern vielmehr bewusst
Dass das Unglück überall zurückgeschlagen werden muss
Wird mehr und mehr und mehr und mehr
Wird mehr und mehr und mehr und mehr
Uns unerträglicher
(tocotronic: Das Unglück muss zurückgeschlagen werden, K.O.O.K., 1999)
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„GENAU, genau so wird´s gemacht, so wird gelebt und gearbeitet – in jedem Zustand, an jedem Ort, zu jeder Zeit – und letztlich eben auch schamlos genug, ohne sich zu scheren darum, wie das blödwichtigtuerisch wirken könnte – weil es so nicht gemeint ist und es deshalb auch nicht IST – fertig, aus, Äpfel, Amen.“
(Georg-Büchner-Preisträger 2015 Rainald Goetz, Abfall für alle)
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Der Wind pfiff & das Meer rauschte, und ich saß in der Abenddämmerung an der Promenade von Wenningstedt im Strandkorb & grübelte über den Sinn des Lebens nach. Und während der Wind pfiff & das Meer rauschte und ich im Strandkorb saß & grübelte, öffnete sich nach einer Weile eine mir bis dahin unbekannte Tür in meinem Kopf, und ich schaute auf das, was hinter dieser Tür bisher verborgen lag – und siehe da: Es war die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum & dem ganzen Rest!
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