
Beim Blättern im Notizbuch wiederentdeckt: Ein kurzer Text aus Zeiten, in denen ich frühmorgens noch in der überfüllten Regionalbahn zur Arbeit fuhr, beim Coffee-to-go noch zu Plastikdeckeln griff und der Begriff Social Distancing noch nicht unseren Alltag prägte. Ein Text, der zudem erklärt, warum ich der Meinung bin, dass man eigentlich nicht vor sieben Uhr morgens aufstehen sollte.
Morgens um kurz vor sieben in der Bahnhofshalle. Bin mal wieder zu spät aus dem Bett gekrochen und ohne Frühstück in den Tag gestartet, kaufe mir deshalb auf die Schnelle noch einen Coffee-to-go und stehe nun vor der Station mit dem zusätzlichen Gedöns (Deckel, Rührstäbchen, Servietten, Zuckertütchen etc.), greife mir rasch einen Plastikdeckel und drücke ihn auf den Pappbecher; allerdings will der Deckel nicht so recht auf meinen Becher passen, weshalb ich leicht hektisch (in fünf Minuten fährt mein Zug) etwas fester drücke … etwas zu fest … nämlich so fest, dass der Becher einknickt und eine Kaffee-Milchschaumfontäne durch die Trinköffnung des Deckels meterhoch in die Höhe schießt, an mir vorbei (puh, Glück gehabt!) auf den Rücken eines Anzugträgers, der nun komplett – vom Kragen übers anthrazitfarbene Jackett bis hinunter zum Hosensaum – mit Cappuccino besprenkelt ist.
Ich starre auf die Rückseite des Mannes, fasse es nicht … Ist das gerade wirklich passiert? Der Mann scheint nichts bemerkt zu haben (vielleicht ist es also wirklich nicht passiert?), jedoch zwei, drei Leute, die um mich herumstehen und nun ähnlich fassungslos auf den Rücken des Mannes starren (offenbar ist es also doch passiert).
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